Für den naturwissenschaftlichen Schulunterricht ist bekannt, dass Lernen durch ausschließlich theoretischen Input (lehrerzentriert) wenig erfolgreich ist (vgl. handlungsorientiert-konstruktivistische Ansätze; z.B. Schnotz, 2011). Ein aktives Lernen durch Primärerfahrungen wird als wirkungsvoller angesehen (vgl. z.B. Einsatz lebender Organismen im Biologieunterricht; Randler, 2023). Primärerfahrungen werden dadurch ermöglicht, dass das Lernobjekt real in den Unterricht gebracht wird (oder die Klasse das reale Lernobjekt besucht). Was für Schüler:innen als wichtig für Lernprozesse angesehen wird, sollte auch für die Lehrkräftebildung berücksichtigt werden. Leider ist dies in der Lehrkräfteaus- und -fortbildung nicht immer möglich, da man einen real ablaufenden Unterricht mit Schüler:innen nicht direkt in den Kursraum mitnehmen/bringen kann.

Die Mitarbeitenden im Projekt TeLeMaT IBL entwickeln deshalb digitale Medien – wie 360°-Videos, VR, AR, Animationen und interaktive Videoelemente – und bereiten Realobjekte (z.B. Interviews mit Lehrkräften oder Experimentierprotokolle wie in Abb. 1) auf, um mehr Realität zum Erlernen von IBL in den Kursraum zu bringen und damit mehr Authentizität in der Lehrkräfteaus- und -fortbildung zu schaffen.

In anderen Bereichen und Branchen werden VR und Simulationsspiele längst für die berufliche Aus- und Fortbildung eingesetzt. Beispielsweise wird VR für das Training von angehenden Lehrkräften im Klassenmanagement eingesetzt (vgl. Wiepke et al., 2019) oder auch für Schulungen im Rettungsdienst (siehe Abb. 2), für die Ausbildung von Schweißer:innen (siehe Abb. 3) oder in Schulungen für Pflegepersonal.

Abb. 3: VR in Schweißer:innenausbildung; Bild Copyrigth Fronius International GmbH; Quelle: https://www.fronius.com/de/schweisstechnik/info-center/presse/welducation-simulator-07112023

Abb. 1: Ausschnitt eines Experimentierprotokolls eines Schülers (anonymisiert und Schrift verändert)

Das Projekt TeLeMaT IBL setzt auf internationale Zusammenarbeit und schafft durch die Beteiligung mehrerer EU-Länder die Möglichkeit, ein transnational nutzbares Resultat zu erhalten. Im Projekt arbeiten Schulen, Forschungsinstitute und Hochschulen aus Deutschland, Estland, Österreich und Zypern zusammen.

Die Laufzeit des Projektes beträgt drei Jahre: 01.11.2023 – 31.10.2026.

Die geplanten Ergebnisse des Projektes sind:

(1) Die Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien für die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften zum IBL (naturwissenschaftliche Fächer). Hierbei werden fünf Module berücksichtigt, die in einem früheren Projekt entwickelt wurden (siehe https://www.differentiatinq.eu): 1) IBL allgemein; 2) Experimentieren; 3) Differenzierung & Scaffolding; 4) Diagnostik; 5) Differenzierungstool.

(2) Das Material wird in zwei digitale Moodle-Kurse eingebunden. Ein Kurs für die Lehrkräfteausbildung (Studium, Referendariat) und ein Kurs für die Lehrkräftefortbildung.

(3) Erstellung eines Guideline E-Books: Beschreibung der Lehr- und Lernmaterialien und der gesammelten Erfahrungen in der Medienproduktion, um diese Erfahrungen mit Interessierten zu teilen.

(4) Erstellung von digitalen Selbstlernkursen für IBL-Unterricht (Tutorials mit Einbezug der Moodle-Kurse und dem entwickelten Material).

Alle Ergebnisse werden als Open-Ressource zur Verfügung stehen.

Um die genannten Ziele zu erreichen, ist das Projekt inhaltlich in fünf Work Packages untergliedert. Die Work Packages wiederum beinhalten unterschiedliche Activities (siehe Logical Framework Abb. 4):

Work Package 1: Dieses Work Package beinhaltet alle grundlegenden Aufgaben des Projektmanagements.

Work Package 2: Im Rahmen dieses Work Packages wird zuerst ein Fragebogen entwickelt mit dem angehende und praktizierende Lehrkräfte zu der inhaltlichen und formalen Ausgestaltung und zum Aufbau von Lehr-Lernmaterial für die Lehrkräftebildung im Bereich IBL befragt werden. Die Ergebnisse der Befragung münden zusammen mit Befunden aus der Literatur in zwei Quality-Criteria-Kataloge (einen für das Material für angehende und einer für das Material für praktizierende Lehrkräfte). Die Quality-Criteria-Kataloge werden im Projekt die Grundlage für die Ausgestaltung des zu entwickelnden Lehr-Lernmaterials und der Moodle-Kurse darstellen und zudem für die Evaluation genutzt. Für die Evaluation ist eine Selbst- und eine Fremdevaluation vorgesehen. Die Fremdevaluation wird von Critical Friends durchgeführt, diese sind: Dr. Eberhard Hummel (Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte, Ludwigsburg), Andreas Marquarth (Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte, Schwäbisch Gmünd) und Prof. Dr. Markus Emden (Pädagogische Hochschule Zürich). Zum Inhalt des Work Package 2 gehört ebenfalls die Entwicklung der Lehr- und Lernmaterialien und die Einstellung dieser in Moodle-Kurse.

Work Package 3: Die Arbeit des Work Packages 3 umfasst die Erstellung eines Guideline E-Books zur Beschreibung der Lehr- und Lernmaterialien und der gesammelten Erfahrungen in der Medienproduktion.

Work Package 4: Im Verlauf dieses Work Packages 4 werden Tutorials für Selbstlernkurse (einer für angehende und einer für praktizierende Lehrkräfte) entwickelt, in die auch die zuvor entwickelten Lehr- und Lernmaterialien eingebunden werden.

Work Package 5: Im letzten Work Package sind Aktivitäten zur Publikation und Multiplikation der Projektergebnisse geplant.

Abb. 4: Logical Framework

Literatur:

Randler, C. (2023). Unterricht mit Lebewesen. In H. Gropengießer und U. Harms (Hrsg.), Fachdidaktik Biologie (S. 290–299). Aulis.

Schnotz, W. (2011). Pädagogische Psychologie kompakt. Weinheim: Beltz.

Wiepke, A., Richter, E., Zender, R. & Richter, D. (2019). Einsatz von Virtual Reality zum Aufbau von Klassenmanagement-Kompetenzen im Lehramtsstudium. In: Niels Pinkwart & Johannes Konert, (Hrsg.), DELFI 2019: Die 17. Fachtagung Bildungstechnologien. 16.-19. September 2019, Berlin, Deutschland. Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V. (S. 133-144).